Klausfelsen

Wie der Bauer Klaus die Ortschaften vor dem Ungeheuer der Woog rettete

Zwischen den beiden Dörfern Frauenberg und Hammerstein bildet die Nahe einen Woog. Ein Fremder könnte den Woog für einen See halten, denn das Wasser ist dort still, ruhig und sehr tief. Aus ihm ragt ein 28 Meter hoher Felsen steil zum Himmel empor. Der Volksmund bezeichnet diesen Felsen als Klausfelsen oder Nahelorelei.

Geht man um die Geisterstunde des 30. April dort vorüber, so hört man aus der Tiefe dumpfes Gurgeln und das frohe Wiehern eines Pferdes. Der Unerschrockene, der darauf zugeht, wird nichts als einen grauen Nebelschleier über dem schwarzleuchtenden Wasser ausgebreitet finden.

In dieser geheimnisvollen Tiefe lebte in früherer Zeit ein Ungeheuer, das den Menschen böse gesinnt war und, wo es nur konnte, ihnen Schaden und Leid tat. Im Sommer soff es aus der Nahe, dass die Schleifer kein Wasser hatten. Zur Winterszeit blies es das Wasser an, dass es zu Eis gefror; dann standen die Schleifen wieder still, und bei den Bewohnern ging es wegen des Verdienstausfalls kärglich her.

Man beschloss nun, dem Untier in jedem Jahre eine junge Ziege als Tribut zu zahlen. Auf die Dauer waren die Leute aber so verarmt, dass in einem jähr der Tribut ausblieb. Darüber war der Schreckender Umgebung so erbost, dass er die Menschen mit Krankheit schlug, und jeden Tag begleitete man einen Toten nach dem Friedhof.

Das war nicht länger zu ertragen. Ein wohlhabender Bauer aus Reichenbach namens Klaus, dessen Frau gestorben war und dessen zwei Kinder hoffnungslos darniederlagen, suchte durch ein Opfer weiteres Unheil abzuwenden. Er ritt auf seinem wertvollsten Pferd an den Felsen, bestieg diesen und stürzte das Pferd in die schaurige Tiefe. Das Untier machte sich sofort an das Pferd heran und wollte es verschlingen, doch das Pferd schlug im Todeskampf mit den Hufen um sich, traf das Ungeheuer an den Leib, dass es von der Stunde an in der Tiefe verschwunden war.

Der Bauer, der dem Vorgang zugeschaut hatte, hörte von links das mutige Wiehern seines Pferdes, das sich durch Schwimmen gerettet hatte. Freudig eilte Klaus vom Felsen hernieder, er nahm sein Pferd am Zügel und ritt nach Hause. Seine lieben Kinder und alle Kranken in den Ortschaften waren gerettet.

Das Pferd wurde bis an sein Ende gepflegt und von allen Leuten verehrt. Am anderen Tag glich der Woog einem Becken voll Blut. Der Felsen wurde zu Ehren des Bauern „Klausfelsen“ genannt.