Stabiles Internet ist gerade jetzt ein Muss

Samstag, 06. Februar 2021, Nahe-Zeitung, Seite 15

Von unserem Redakteur Peter Bleyer

Auch Kathrin Stephan, Mitglied der Geschäftsführung der Herbert Stephan KG in Frauenberg, weiß um die Bedeutung einer stabilen Internetverbindung. Gerade jetzt versuche man, so gut es gehe, über Videokonferenzen Kundenanbindung zu betreiben. Foto: Reiner Drumm

Thema Digitalisierung hat in Corona-Zeiten neuen Schub erhalten

Kreis Birkenfeld. Wie gut ist Ihre Internetverbindung eigentlich? Reicht sie problemlos zum Streamen von Videos, oder wird schon die tägliche E-Mail zur Herausforderung? Und wie oft haben Sie schon über ein Funkloch geflucht, wenn Sie im Kreis Birkenfeld unterwegs waren? Das Thema Digitalisierung hat gerade in der Corona-Zeit, in der Homeoffice einen neuen Stellenwert erreicht hat und das Internet mangels Alternativen für viele zu einem Zufluchtsort wurde, massiv an Bedeutung gewonnen. Doch wie sieht der Status quo im Kreis Birkenfeld aus? Was hat sich in den vergangenen Jahren getan? Wie wichtig ist die Breitbandversorgung für die ländliche Region? Die NZ hat sich umgehört.

Für Jonas Klein, Idar-Obersteiner Regionalgeschäftsführer der IHK Koblenz, steht die Bedeutung einer ausreichenden Internetverbindung außer Frage – gerade im Hinblick auf den wirtschaftlichen Sektor. „Digitalisierung kann dabei helfen, die Abwanderung von Menschen, Kaufkraft und Unternehmen zu verhindern“, sagt er. „Bedingung sind leistungsfähige Datennetze. Die Verfügbarkeit einer leistungsfähigen Breitbandanbindung ist sowohl für Fachkräfte bei der Wahl des Wohnortes als auch für Unternehmen bei der Standortwahl ein wichtiges Entscheidungskriterium. Hier ist weiterhin die Initiative der lokalen Akteure gefordert. Ohne schnelles Internet verlieren Unternehmen und Regionen den Anschluss.“

Kielburger: Waren unterversorgt

Die Bemühungen in Sachen Digitalisierung im Landkreis Birkenfeld seien deutlich erkennbar, lobt Klein, der Anteil der erschlossenen Flächen habe ein ordentliches Niveau erreicht. „Leider sind aber gerade noch einige Gewerbegebiete und Firmenstandorte nach wie vor ohne schnelles Internet. Diese Lücken müssen schnell beseitigt werden.“ Aus seiner Sicht gebe es vier Schwerpunkte, bei denen die Politik handeln könne: den Zugang zu Digitalisierungsvorhaben erleichtern, Verwaltungsverfahren digitalisieren, digitale Basiskompetenzen in allen Bildungsbereichen vermitteln, leistungsfähige, flächendeckende Infrastruktur schaffen.

Die Corona-Pandemie habe – bei allen negativen Effekten für die Wirtschaft – den Vorteil gehabt, dass das Thema Digitalisierung neuen Schub erlangt habe. Viele Betriebe hätten schnell reagiert und entsprechende Maßnahmen angestoßen, sagt Klein. „Gerade im Handel konnten Betriebe durch den Aufbau von Onlineshops den Schaden zumindest begrenzen. Auch im Bereich der digitalen Kommunikation über Videokonferenzen gibt es heute eine viel bessere Akzeptanz als noch vor einem Jahr.“ Die allermeisten Firmen hätten – da wo möglich – bereits im Frühjahr 2020 für große Teile ihrer Belegschaften die Möglichkeiten zum mobilen Arbeiten geschaffen. Die Rückmeldungen aus den Betrieben dazu sind größtenteils positiv. Es sei aber auch klar, dass im produzierenden Gewerbe Homeoffice keine Option sei.

In diese Sparte fällt auch die 218 Mitarbeiter zählende Edelsteinmanufaktur Herbert Stephan KG in Frauenberg. „Wir sind ein Produktionsbetrieb, und auch im Vertrieb muss schlussendlich die Ware physisch ins Paket, das heißt: Wir haben nur einen Bruchteil an Mitarbeitern, die sinnvoll mobil arbeiten können“, erklärt Katrin Stephan, Mitglied der Geschäftsführung, im NZ-Gespräch. „Wo möglich, haben wir das ausgeweitet, die dafür notwendigen Geräte waren allerdings alle schon vorhanden, weil die Mitarbeiter auch vorher schon das mobile Arbeiten genutzt haben.“

Aufgrund der Reisebeschränkungen versuche man, so gut es geht, über Videokonferenzen zu verkaufen und Kundenbindung zu betreiben. Stabilität und Kapazität der Internetleitung seien deshalb extrem wichtig. „Bei uns ist der Breitbandausbau okay, in Sachen Mobilfunk ist an vielen Stellen im Landkreis Luft nach oben, insbesondere bei Vodafone“, sagt Katrin Stephan. Ein Standortwechsel sei für das Unternehmen allerdings kein Thema.

Der Frauenberger Bürgermeister Patrick Kielburger räumt derweil ein, man habe zeitweise Angst gehabt, das Unternehmen aufgrund unzureichender Internetversorgung langfristig verlieren zu können. Der 30-Jährige ist selbstständiger IT-Fachmann und hat einen guten Einblick in die Materie. „Wir haben in Frauenberg einen langen Leidensweg hinter uns“, berichtet er im Gespräch mit der Nahe-Zeitung. Weil die Gemeinde bei der Betrachtung in Sachen Breitbandausbau in denselben geografischen Bereich wie die Nachbarkommune Sonnenberg-Winnenberg eingeordnet wurde, sei sie bis 2015 als überversorgt eingestuft gewesen. „Dabei waren wir grottenschlecht unterversorgt“, sagt Kielburger, der schon damals in der Kommunalpolitik tätig war. Nach langem Hin und Her und einigen Anträgen habe man das widerlegen können.

Doch bis 2016 war ADSL mit unter 2 Megabit pro Sekunde im Download das Höchste der Gefühle. Einige Frauenberger mussten mit einem 56 k-Modem oder ISDN vorlieb nehmen, ein DSL-Anschluss sei gar nicht erst möglich gewesen. Geschwindigkeiten von weniger als einem Megabit pro Sekunde, in einer Zeit, die von Streamingdiensten bestimmt ist? Eigentlich unvorstellbar. Zwar habe man zwischenzeitlich über das Funknetz bessere Geschwindigkeiten erreichen können, „aber eine wirkliche Alternative war das nicht“, erklärt der Ortschef.

Lage hat sich stark verbessert

Danach ging es allerdings bergauf, Schritt für Schritt habe sich die Situation massiv verbessert. Die Mitte des Dorfes wurde im Laufe von 2016 mit VDSL (bis zu 50 Megabit pro Sekunde) versorgt – „ein Riesenfortschritt“, wie Kielburger sagt. In der Folge waren unterschiedliche Bandbreiten je nach Ortslage möglich. Dann kam das Breitbandausbauprogramm von Inexio, dessen Vollendung noch aussteht. „Die Tiefbaumaßnahmen sind so weit abgeschlossen“, berichtet Kielburger. „Bis es eingeschaltet wird, wird es noch ein Weilchen dauern. Aber wir in Frauenberg sind sehr geduldig.“ Derzeit ist jeder Haushalt in der Gemeinde mit VDSL versorgt – zumindest in der Theorie. Denn praktisch gebe es nach wie vor Bereiche, die über eine Downloadrate von 8 Megabit pro Sekunde nicht hinauskommen.

Für Kielburger ist klar: „Eine gute Internetversorgung ist für ländliche Gebiete überlebenswichtig. Orte, die da nicht mitkommen, werden vom demografischen Wandel am härtesten getroffen.“ Er beobachte, dass das Thema Internet längst nicht nur bei jungen Leuten hoch im Kurs stehe. Gerade durch Corona hätten viele ältere Mitbürger den Zugang zum digitalen Terrain gefunden, seien mit Tablet und Co. vertraut. „Die Turnerfrauen bei uns im Ort haben beispielsweise eine WhatsApp-Gruppe. Man darf einfach den Anschluss nicht verlieren.“

Michael Dietz, Wirtschaftsförderer der Kreisverwaltung Birkenfeld, bestätigt, dass eine gute Breitbandversorgung im Zuge einer weiter voranschreitenden Digitalisierung aller Lebensbereiche ein immer wichtiger werdender Standortfaktor ist. Gerade in Corona-Zeiten habe das Thema an Bedeutung gewonnen. „Zum einen dadurch, dass in vielen Haushalten durch die Mehrfachnutzung ,ernsthafter‘ Anwendungen, also jenseits von E-Mail-Verkehr, Lustsurfen und sozialer Medien, ein erhöhter Bedarf an Breitbandleistung entstand“, erklärt er. „Zum anderen hat es uns gezeigt, dass das Thema ,Mobiles Arbeiten‘ in unserer ländlichen Region attraktiv sein kann.“ Zunehmend hätten die Kreisverwaltung Anfragen zum Thema Rückkehr in die Heimat von Menschen erreicht, die festgestellt hätten, wie entnervend mobiles Arbeiten unter Corona-Bedingungen in kleineren Großstadtwohnungen sein könne. „Das befeuert natürlich die Initiative der Kommunen, möglichst rasch vollständig mit Glasfaseranschlüssen versorgt zu sein.“

Michael Dietz berichtet, dass früher recht häufig Klagen bezüglich mangelnder Internetversorgung im Kreis Birkenfeld an die Kreisverwaltung herangetragen worden seien. Diese würden aber im Zuge des aktuellen Ausbauprojekts seltener. Bereits seit 2007 hätten Kommunen im Kreis sehr intensiv die Möglichkeit genutzt, mit den damals zur Verfügung stehenden Fördermöglichkeiten und den dadurch ermöglichten technischen Lösungen eine Verbesserung der Breitbandversorgung zu erreichen. „Dabei sprechen wir in diesem Zusammenhang in erster Linie von der Technik, die bis zu den Verteilerkästen über Glasfaserleitungen läuft. Ab den neuen Verteilerkästen mit aktiver Technik wurde dann die Kupferleitung der bisherigen Telefonleitung genutzt. Das hat physikalische Grenzen, die mit dem neuen Glasfaserprojekt mit Glasfaseranschlüssen bis ans Haus überschritten werden.“

Mit dem aktuellen Förderprogramm (NGA – Next Generation Access), dessen Anfänge bis 2018 zurückreichen, würden nun gezielt die sogenannten weißen Flecken, also unterversorgte Bereiche (Bandbreiten von weniger als 30 Megabit pro Sekunde), angegangen. Den Zuschlag hatte das Telekommunikationsunternehmen Inexio erhalten. „Nach Fertigstellung des NGA-Projekts sind rund 7200 Anschlüsse im Kreis Birkenfeld mit Glasfaser erschlossen“, sagt Michael Dietz. Weil es natürlich noch andere Telekommunikationsunternehmen gibt (wie Kabel Deutschland), die ihrerseits den Glasfaserausbau vorantreiben, sei davon auszugehen, dass man mit 7200 Anschlüssen circa ein Drittel des Bedarfs gedeckt habe.

Bis 2025 alles abgedeckt?

Für die Zukunft erhoffe man sich, so der Wirtschaftsförderer des Kreises Birkenfeld, auch vom sogenannten „Graue-Flecken-Programms“ des Bundes profitieren zu können. Zurzeit befänden sich Bund und Land noch in der finalen Abstimmung. Mithilfe dieses Projekts könnten aller Voraussicht nach bis 2025 alle bislang noch nicht mit Glasfaser versorgten Bereiche im Kreis versorgt werden.

„Eng verbunden mit der Hoffnung auf die Glasfaserbreitbandversorgung ist die Verbesserung der Mobilfunkversorgung“, betont Michael Dietz. „Wir werden noch Jahre auf 5G an jeder Milchkanne, an jedem Heuballen auf dem Feld warten. Eine flächendeckende LTE-Abdeckung wäre schon eine große Bereicherung. Das können wir gewiss schaffen, wenn die Mobilfunkanbieter mehr und mehr zu Kooperationen kommen, insbesondere da, wo nur eine Mastanlage eines Telekommunikationsunternehmens steht, die Kommunen sich bei der Anfrage zum Aufstellen neuer Masten als schnell und flexibel erweisen und pauschale Ablehnung gegenüber neuen Technologien (5G) nicht dogmatisch diskutiert werden.“

 

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