In den Adern der Queen fließt Sponheimer Blut

Samstag, 06. Februar 2021, Nahe-Zeitung, Seite 17

Von unserem Mitarbeiter Gerhard Müller

Wer hätte das gedacht? Queen Elisabeth II. ist eine Nachfahrin der Gräfin Loretta von Sponheim, die eine Zeit lang auf der Frauenburg lebte. Foto: dpa

 

Heimatforscher Freimut Heiderich macht überraschende Entdeckung: Königin Elisabeth II. ist eine Nachfahrin von Gräfin Loretta

Frauenberg. Auf den ersten Blick mutet die Vorstellung, dass Queen Elisabeth II. von England etwas mit der Frauenburg zu tun haben könnte, seltsam und fantasiegeladen an. Doch dem anerkannten Oberbrombacher Heimatforscher Dr. Freimut Heiderich ist es gelungen, einen Zusammenhang darzulegen, der bisher nicht geschichtlich erforscht wurde und somit völlig im Verborgenen blieb. Heiderich kann die direkte Blutsverwandtschaft von Loretta, die ungefähr von 1298 bis 1346 lebte, zur heute im Vereinigten Königreich von Großbritannien regierenden Königin nachweisen.

Meist männliche Linie verfolgt

Dass diese Blutsverwandtschaft bisher noch nicht im Geschichtsbuch notiert ist, liegt daran, dass bisher immer nur die männliche Linie, also die der Thronfolger verfolgt und erforscht wurde. Heiderich interessiert sich auch für abseitige Dinge, genealogische Ketten, Verknüpfungen, die bisher wenig bis gar nicht durcherforscht waren. So konnten er in seiner in den 80er-Jahren begonnenen und erst im vergangenen Jahr abgeschlossenen Arbeit Überraschungen herausarbeiten, die kaum einer vermutete: Queen Elisabeth II. ist ein direkte Nachfahrin von der Frauenberger Gräfin Loretta von Spohnheim. Exakt ausgedrückt ist die Gräfin Loretta die 20-fache Urgroßmutter der amtierenden britischen Königin.

Um in die hochinteressante Geschichte einzusteigen, muss man in ferne Zeiten, rund 720 Jahre, zurückblicken. Loretta von Sponheim Starkenburg wurde ungefähr 1298 als Gräfin zu Salm Obersalm geboren und war die berühmt-berüchtigte Gräfin Loretta, die den Erzbischof Balduin von Trier auf der Mosel gekapert und gefangen genommen hatte. Gräfin Loretta lebte als Witwe zumindest zeitweilig auf der Frauenburg, deren Namensgeberin sie auch war. Dass sie nicht die Erbauerin der Burg war, ist mittlerweile geschichtlich erwiesen. Nachdem ihr Ehemann Heinrich II. von Sponheim 1323 und ihr Schwiegervater Johann II. 1324 verstorben waren, führte sie als junge Witwe die Geschicke der Grafschaft in einer politisch und wirtschaftlich schwierigen Zeit. Der älteste ihrer drei Söhne, Johann III., war mit Mechthild von der Pfalz verheiratet, übernahm nach ihr die Regentschaft der hinteren Grafschaft. Sein einziger Sohn Johann IV. trat seine Nachfolge an, während seine beiden Töchter, Mechthild und Loretta, kaum Erwähnung fanden.

Und genau darin löst sich in einer langen Kette der genealogische Knoten. Die Enkelin der Frauenberger Loretta, ebenfalls mit Namen Loretta, war mit Graf Heinrich III. von Veldenz verheiratet, dem in der Bruderteilung 1387 die obere Grafschaft Veldenz zugeteilt wurde. Die Reihe in der Blutsverwandtschaft führt weiter über Gräfin Anna von Veldenz, (verheiratet mit Palzgraf Stephan), die als Stammmutter der wittelsbachischen Linie Pfalz-Zweibrücken und des bayerischen Königshauses gilt, zur Linie Pfalz-Simmern: von Herzog Friedrich I. von Simmern (1417–1444) über Herzog Johann I. von Simmern (1459–1509), Herzog Johann II. von Simmern (1492–1557) bis hin zum Herzog Friedrich II. von Simmern. Nach dem Tod seines Vaters 1557 übernahm dieser die Regierung und hatte nichts eiliger zu tun, als in Simmern und der Hinteren Grafschaft Sponheim die Reformation zwangsweise durchzusetzen. Aber er regierte in Simmern nicht lange, wurde 1559 pfälzischer Kurfürst als Nachfolger des Kurfürsten Ottheinrich, der nur drei Jahre die „Kur“ genossen hatte und verstorben war, nachdem er sich „zu Tode genährt hatte“ und zum Schluss vier Zentner wog. Herzog Friedrich II. siedelte als Kurfürst von Simmern nach Heidelberg über und überließ vereinbarungsgemäß den pfälzischen Anteil an der Hinteren Grafschaft Sponheim seinem Großvetter, dem Herzog Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken (1526–1569). Als Kurfürst von der Pfalz änderte sich für den Simmerner Herzog Friedrich II. die Bezifferung, als Kurfürst war er Friedrich III., auch „der Fromme“ genannt. Von ihm setzt sich die Stammreihe der Kurfürsten mit seinem Sohn Kurfürst Ludwig VI. (1539–1583), über seinen Enkel Friedrich IV. (1574) und dessen Sohn Friedrich V. (1996) fort.

Das Ende der Personalunion

Er soll eine „glänzende Erscheinung“ gewesen sein und war mit der ältesten Tochter von Jakob Stuart I. (1566–1625), dem „King of England, Scotland and Ireland“, verheiratet. Nach der verlorenen Schlacht am Weißen Berg 1620 bei Prag war er zur schmachvollen Flucht nach England zu seinem Schwiegervater genötigt und wurde anschließend zum Spott der Geschichtsschreibung. Vom Kaiser geächtet, verlor er die Kurwürde und starb im Exil 1632. Die jüngste Tochter aus der Ehe Friedrichs V. mit der englischen Prinzessin war Sophie von der Pfalz (1630–1714), das neunte Kind, die „Große Kurfürstin“ genannt. Sie heiratete in das kurfürstliche Haus Hannover ein. Sie war die Ehefrau und spätere Witwe des Kurfürsten Ernst August von Hannover (1698). Sophie verpasste die Thronwürde, da sie zwei Monate vor Queen Anna in Hannover verstarb. Aber ihr Sohn Georg I. Ludwig, Kurfürst von Hannover, (1660–1727) wurde aufgrund des „Act of Settlemant“ von 1701 nach dem Ableben von Queen Anna, der Letzten aus dem Hause Stuart, 1714 als George I. „King of Great Britain“. Er regierte bis 1727. Das Wichtigste für Sophie von der Pfalz, als sie vom Parlament zur Thronfolgerin bestimmt wurde, war nicht nur, dass sie (zur Hälfte) eine Stuart war, sondern vor allem, dass sie aus protestantischem Hause kam. Ohne den religiösen Wandel und die Weitergabe der religiösen Überzeugung auf Söhne und Enkel wäre die Geschichte wahrscheinlich ganz anders verlaufen, wäre der Sohn der Urenkelin Sophie von der Pfalz, der Kurfürst Georg I. Ludwig von Hannover, nicht englischer König geworden mit einer ganzen Reihe von Nachfolgern aus dem Hause Hannover. George II. August (1683–1760) regierte von 1727 bis 1760 als König von Großbritannien, und Kurfürst von Hannover. Sein Enkel, Georg III. (1738–1820), war von 1760 bis 1820 König von Großbritannien und Kurfürst von Hannover, ab 1806 König von Hannover und 1811 als geisteskrank erklärt worden. Ihm folgte Edward, Duke of Kent, König George IV (1762–1830, regierte von 1820 bis 1830. Da er keine berechtigten Nachkommen hatte, wurde sein Bruder Wilhelm IV. (1765–1837) sein Nachfolger und war von 1830 bis 1837 König von Großbritannien. Er ging als großer Reformer in die Geschichte ein. Nach seinem Tod endete die Personalunion zwischen Großbritannien und dem Königreich Hannover, da das Erbrecht Hannovers eine Frau auf dem Thron verbot.

Königin Viktoria profitierte vom Ende der Personalunion. Nur so konnte sie (1819–1901) von 1837 bis zu ihrem Tod als erste Frau den Königsstuhl übernehmen und prägte die Viktorianische Zeit von 1837 bis 1901 ganze 64 Jahre lang als Königin. Ihr Sohn wurde als König Edward VII. (1841–1910) 1901 auf den Thron geführt, und ihr Enkel regierte von 1910 bis 1936 als König George V. (1865–1936). Er nahm 1917 den Namen Windsor an. Sein Sohn, König George VI. (1895–1952), regierte von 1910 bis 1936. Ihm folgte Edward VIII. (1894–1972), der nie gekrönt wurde und bereits am 11. Dezember 1936 wieder abdankte, um die Schauspielerin Wallis Simpson heiraten zu können. Seine Nichte, die heutige Königin Elisabeth II., wurde 1952 gekrönt und regiert mittlerweile bereits seit 68 Jahren.

Die Weichen dazu waren auf dem Hunsrück gestellt worden, und der Zug fuhr schließlich über Heidelberg und Hannover bis nach Great Britain.

 

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